Sonntag, 3. Mai 2009

In fremde Welten...

Nach dem üblichen Aufgerödel mit Ausrüstung zusammenbauen, in den Anzug reinschießen (für mich gibt es so eine spezielle Leberwurstmaschine...) und das ganze Äkwippmänt mehr oder weniger weit (hier: 200 m leicht bergab, also ist Bremsen in Gummisohlen angesagt) bei mehr oder weniger guten Temperaturen (hier: pünktlich zum Anrödeln fing der erste Mai an, sich in einen der schönsten der letzten Jahre zu verwandeln, also war ich IM Anzug schon Meilen vor dem See patschnass) kommt ja bekanntlich immer dieser erfrischend kribbelige Augenblick, wenn dem Halbtrockentaucher wie mir unbeschreiblich langsam in unbeschreiblich dünnen aber wendigen Rinnsalen UNBESCHREIBLICH KALTES Wasser in den Anzug kriecht und unbeschreiblich unaussprechliche Körperstellen findet...brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr! Bei den Jungs sagt man ja "so kalt". Das, was bei mir als Temperaturanzeige dienen könnte, ist dank der unbeschreiblich paßgenauen Formgebung des 7mm Neopren-MÄNNERtauchanzugs (mit weiblichen Buchtungen versehene sexy Tauchanzüge gibt es leider nicht in meiner Größe, der Zeltverleih musste auch passen, und die Maßanfertigung verhindert mein AchwattkaumhabichdatteureDingnehmich40Kiloab - Schweinehund) so formmoduliert (90-90-90), dass man Gottlob nix sieht. Wenn man sich - leichtbeweglich und gelenkig, wie man als Wurst nun mal so ist - endlich die Flossen an die Füße gebastelt hat, ohne die man in etwas tieferem Wasser unweigerlich als Dümpelwurst an der Oberfläche enden und mit seinen Minifüßen vergeblich um eine würdevolle Senkrechthaltung im Wasser strampeln würde, kommt der Augenblick, in dem man sich die Maske (frischgespült und mit Spucke gegen Beschlagen präpariert, jaja) aussetzt und für einen ersten Dichtcheck die Rübe unter Wasser drückt. Die über Wasser durch die Maske leicht verschleierte Sicht verändert sich meist schlagartig und wird noch nen Ticken trüber. Nicht so diesmal. Mein Blick wurde schlagartig glasklar, was mich erst mal kurz erstarren liess. Dann guckte ich - immer noch in eleganter Bückhaltung - kurz nach vorne, wo in einigen Metern Entfernung meine Buddies das gleiche Procedere durchziehen - und sehe quasi jede Neoprenpore in deren Anzügen. Prustend komm ich wieder hoch, schau mitteilungsbegierig in das nächste Gesicht, das grinst und meint nur "geil, ne?" Ich tauch wieder ab, komm wieder hoch und meine " das gibts nicht" Gibts wohl!
An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass der Begriff " gute Sicht" in denen meisten deutschen Binnengewässern bedeutet, dass man nach ca drei Metern nix mehr gucken kann. Es gibt noch "prima Sicht", das erweitert in wenig benutzten Gewässern bei guten Bedingungen und wenig Regen in den Tagen davor den Radius auf sagen wir mal fünf. Es gibt unter Insidern auch noch das Level "Wambach", das bedeutet, das man an 360 Tagen im Jahr Glück hat, beim Abtauchen seinen Buddy erst dann zu sehen, wenn man gerade sein Mundstück an seiner Brust abstreift, den Kompass so nah vor die Maske halten muss, dass man die Lesebrille braucht, nur um dann festzustellen, dass der Kompass auch nix sieht und man beginnt sich zu fragen, ob der Schatten, den man gerade vorbeiziehen sieht, a) der einen suchende Buddy, b) eine stickstoffbegründete Mutter Morgana oder c) ein hungriger Barsch mit den Ausmassen 3 x 5 x 2m ist. An den anderen fünf Tagen ist dort übrigens prima Sicht, leider liegen drei davon im Dezember.

Aber das hier? Wir waren einige Male auf dem Fernpass in Österreich, dort liegen nebeneinander zwei wunderschöne Privatseen, die man nur als Hotelgast betauchen darf und die dementsprechend geschont werden. Einer davon ist ein Quelltopf mit ca 19 m Tiefe und 80 m Durchmesser, der ist so klar, man sieht beim Abtauchen auf der einen Seite die Bäume auf der anderen. Aaaber: das Ding ist auch quasi leer. Er wird von unten mit 2 ° warmen Wasser gespeist und ist super mineralarm. Außer Kalkalgen wächst hier nix, und auch die schaffen bei dem Klima grad mal 2 mm im Jahr. Klar, die Oberfläche ist etwas wärmer, aber die erste Sprungschicht dafür so viel kälter (und zäher), dass Blätter und Federn darauf liegen wie auf einer Glasscheibe. Die wenigen Forellen tragen Pudelmütze. Da ist halt nix, was trüben kann.

Beim Abtauchen in den See am Freitag war der Effekt zumindest ähnlich.
Ich möchte in solchen Augenblicken eigentlich gern einen wasserdichten MP3Player aufm Ohr haben, um sphärische Klänge zu verbreiten. Hier war das besonders extrem.
Gleich hinterm Einstieg stürzt der Grund mittels einer Steilkante auf ca 12 m ab, was in hiesigen Baggerlöchern eher selten ist.
Und das Beste: man kann bis dahin runtergucken! Ein irrer Anblick!
Die Kante hat sich verfestigt und so eine total schöne Struktur gebildet, ähnlich einer Felswand. Schaut man nach oben, dort, wo die flache Zone beginnt, scheint das Wasser durch den Himmel stahlblau!

Dieser See ist einer der wenigen, in denen es Süsswasserschwämme gibt, sehr schön!
Noch gab es kaum grün (und - solange ich da unten war, kaum Fisch), aber ich vermute, dass im Sommer das ganze noch einmal durch eine grüne Wiese in der Flachzone getoppt wird.

Traumschön! Wieder hin will!
Gekrönt von einem Picknick bei schönstem Sonnenschein mit lauter netten Leuten war das mal wieder ein zauberhafter Tag!!!

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